Der Rückkehrer

 

Felix Knopp ist einer der Protagonisten in Jan Bosses Inszenierung der Mediensatire Network am Thalia Theater – Premiere ist am 24. Oktober

 

von Heinrich Oehmsen

 

„Das Bandgefühl ist für mich essentiell“, sagt Felix Knopp und meint damit das jeweilige Theater-Ensemble, in dem er probt und arbeitet. Aber wie eine Band funktioniert, weiß der Schauspieler auch. Das hat er in Hamburg oft bewiesen, wenn er als Sänger mit My Darkest Star zum Beispiel in der Thalia-Erfolgsinszenierung Draußen vor der Tür auftrat oder Depeche Modes Elektropop in ein Rockkonzert verwandelte. „Zwar gibt es in einer Band meist einen ,Frontman’, doch über allem muss der Gemeinschaftssinn stehen. Das ist in der Musik genauso zentral, wie im Theater.“

Der Ensemblegedanke zeichnet schon lange das Thalia Theater aus – unabhängig vom jeweiligen Intendanten. Das war unter Jürgen Flimm so, setzte sich in der Ära von Ulrich Khuon fort und lebt in der Intendanz von Joachim Lux weiter – und ist ein wesentlicher Grund, warum Felix Knopp nach fast einem Jahrzehnt wieder nach Hamburg zurückgekehrt ist.

Felix Knopp © Armin Smailovic 

Von 2001 bis 2011 war Knopp festes Ensemblemitglied im Thalia Theater und wurde schnell zu einem der Protagonist*innen im Haus am Alstertor. „Nach zehn Jahren bin ich dann vom Thalia weggegangen, um vom Theater etwas Abstand zu gewinnen und mich neuen Herausforderungen zu stellen“, erzählt Knopp bei einem Gespräch im Café des Artistes, dem Restaurant im Thalia Theater. Damals hat er nicht nur die Sicherheit eines Staatstheaters verlassen, sondern auch die Stadt und ist nach Berlin gegangen, um dort mit seiner Lebensgefährtin und deren Kindern zu leben. Er spielte am Deutschen Theater, drehte einige Kino- und Fernsehfilme. Doch eine neue künstlerische Heimat fand er in der Hauptstadt nicht. „Nach einer Pause von fast zwei Jahren spürte ich, wie sehr mir das Theater fehlte. Mir wurde klar, dass ich zurück auf die Bühne wollte.“

Thalia-Intendant Lux war einer der ersten Ansprechpartner und der freute sich sehr über den Rückkehrer. Als Gast stand Knopp bereits 2019 in Eine Familie und Checkpoint Woodstock wieder auf der Bühne des Thalia Theaters, seit dieser Spielzeit gehört er fest zum Ensemble des Hamburger Staatstheaters und steckt gerade mitten in einer heißen Probenphase. Am 24. Oktober hat Network Premiere.

Ursprünglich sollte die Mediensatire, die auf einem US-Film von Sidney Lumet aus dem Jahr 1975 basiert, bereits im April herauskommen. Doch die Corona-Pandemie verhinderte die Premiere. „Wir hatten im März gerade mit den Leseproben begonnen, dann kam der Lockdown“, erzählt Knopp. „Für zwei Wochen setzten wir die Textarbeit via Zoom fort. Das funktionierte zuerst sogar ganz gut, aber letztendlich sind Theater und Videokonferenzen ein Widerspruch in sich.“

Im Oktober haben Regisseur Jan Bosse und sein Ensemble nur noch drei Wochen Zeit, um die Produktion zu stemmen. „Unter normalen Umständen würden wir jetzt sicher am Rad drehen. Aber wir sind alle froh, dass wir wieder arbeiten können und das führt zu einer gesunden und produktiven Demut“, so Knopp.

In Network geht es um den Nachrichtensprecher Howard Beale, dargestellt von Thalia-Gast Wolfram Koch, der vor laufender Kamera verkündet, dass er sich in Kürze in seiner Nachrichten-Show umbringen wird. Knopp spielt dessen besten Freund und Vorgesetzten Max Schumacher, der ein Opfer von internen Intrigen wird und seinen Job verliert. Er verstrickt sich in eine unglückliche Affäre mit seiner karrierefixierten Kollegin Diana Christensen, gespielt von Christiane von Poelnitz.

„Max wird zum Spielball und verliert auf allen Ebenen die Kontrolle über sein Leben“, beschreibt Knopp seine Figur. Im Film Network ging es schon vor 45 Jahren um Fake News und Nachrichten als Entertainment: Themen, die heute noch genauso aktuell sind. „Network ist eine bissige Satire über eine moralisch verrohte und überdrehte Welt und hat nichts an Aktualität verloren. Da reicht ein Blick auf den derzeitigen Wahlkampf in den USA“, sagt Knopp.

Außer in diesem Stück ist Felix Knopp am Thalia Theater auch noch in Die Nacht der von Neil Young Getöteten zu sehen, das auf einem Essay von Navid Kermani beruht, in dem er seine Leidenschaft für den Rock-Barden Neil Young verarbeitet. Darin darf Knopp sich im Holzfälleroutfit seine E-Gitarre umhängen und Rockmusik spielen. „Ich liebe es, wenn Musik und Theater miteinander verschmelzen“, sagt der Musikenthusiast. Neil Young sei ihm unter den Großmeistern des Songwritings näher als etwa Bob Dylan oder Leonard Cohen. „Ich bin mit Grunge groß geworden und Young gilt ja als ,godfather of grunge’. So war er mir schon als 16-Jähriger begegnet. Deshalb fiel es mir nicht schwer, Kermanis zum Teil auch sehr intellektuellen Blick auf Neil Young und seine Musik nachzuempfinden.“

Auch wenn Felix Knopp wieder ans Thalia zurückgekehrt ist, lebt er doch weiterhin in Berlin und pendelt zwischen den Städten mit der Bahn. „Wenn wir um 10 Uhr anfangen zu proben, ist das überhaupt kein Problem. Und wenn abends keine Proben oder Vorstellungen sind, bin ich zum Abendbrot wieder zu Hause“, erzählt er.

Nach Network dürfen sich Hamburgs Theaterfans auf zwei weitere Arbeiten freuen, in denen sie den sympathischen Rückkehrer auf der Thalia-Bühne erleben können. In dieser Spielzeit wird Felix Knopp noch im Thalia Gaußstraße in Arthur Millers Blick von der Brücke und im Großen Haus in Tschechows Drei Schwestern dabei sein – und seinen Teil zum Bandgefühl beitragen.