"Eine Bühne. Ein Blick."

- Thorsten Brand -
Gründer, Geschäftsführer, Improvisationstheater-Schauspieler, Moderator
Steife Brise Improvisationstheater 


Wie bist Du zum Theater gekommen – wie sah Dein Weg dahin grob aus?
Ich wollte schon immer auf die Bühne und Theater machen! Nach der Schulzeit hatte ich einige nicht so erfolgreiche Vorsprechen an Schauspielschulen, spielte aber parallel im Kellertheater Hamburg (einem sogenannten Amateurtheater). Dort etablierte sich in der Theaterjugend ein kontinuierliches Probenprogramm. Irgendwann stießen wir auf eine Form, die sich Improvisationstheater nannte. Diese Form ließ mich nicht mehr los und wurde fortan mein Antrieb für alles Weitere, was mit Theater zu tun hatte. Noch am Kellertheater wurde die Steife Brise gegründet. Ich wusste, dass ich mit der Steifen Brise eine Schauspielgruppe wollte, die dadurch, dass sie Improvisationstheater im deutschsprachigem Raum etabliert, finanziell Leben konnte. Das ist jetzt 25 Jahre her. Aus der Steifen Brise ist ein Unternehmen geworden. Wir sind eine der bekanntesten Improvisationstheatergruppen in Deutschland und mittlerweile ein sehr erfolgreiches Businesstheater.

 

 Ein Blick auf Deinen Schreibtisch: Wo liegen ganz aktuell die größten Aufgaben und Herausforderungen?
Wir sind gerade dabei, die Steife Brise durch ein Qualitätsmanagement für die Zukunft abzusichern, um nachfolgenden „BrisianerInnen“ Leitfäden und Ideen an die Hand zu geben. Dabei ist die Suche nach Nachwuchs und deren Ausbildung eine der dabei entstehenden Herausforderungen. Eigene Werte geschaffen zu haben und diese weiterzugeben, ohne zu wissen, ob das gelingt, ist einerseits super spannend und aufregend, andererseits eine große Herausforderung und Unsicherheit.

 

 Ein Slogan für Dein Theater – wie würde dieser lauten?
Wir wissen nicht was wir spielen, wir wissen nur, dass wir spielen.

 

 Sind finanzielle Engpässe immer Thema oder gibt es auch mal entspannte Zeiten?
Wir finanzieren uns selbst, größtenteils über das Businesstheater. Wir hatten von vornherein das Ziel, vom Theater zu leben. Wir mussten früh lernen, früher vielleicht als üblich in der Theaterszene, gut hauszuhalten. Lediglich in den ersten fünf Jahren, als viele der damaligen Mitglieder der Gruppe die Steife Brise noch als Hobby ansahen, war es ein großes Hin und Her, was das Geld anging.
Seit Anfang 2000 stellten wir die Steife Brise auf professionelle Füße. Wir gründeten eine Partnerschaftsgesellschaft und erstellten unsere ersten Businesspläne. Zum Steife Brise Theater gesellten sich die Säulen: Steife Brise Businesstheater, Steife Brise Training und unsere Steife Brise Theaterschule. Seitdem wird es nur noch dann knapp, wenn Unternehmen, für die wir tätig waren, zu lange Zahlungsziele haben.
Das soll aber nicht heißen, dass wir nur lukrative Jobs machen, die sich von vornherein rechnen!
Unser „Kerngeschäft“, unser „Kernantrieb“ ist Improvisationstheater. Ganz einfach gesagt: Damit wir unser Verständnis von Improvisationstheater auf Bühnen und auf Festivals spielen und weitergeben können, schaffen wir uns mit den Säulen Businesstheater und Training ein finanzielles Plateau, um finanzielle Ungleichheiten aufzufangen.

 

 Was ist das Besondere am Hamburger Publikum?
Ach, der Hamburger ist eine ehrliche Haut, was Kunst angeht.
Du bekommst sehr schnell vermittelt, ob Dich das Publikum mag oder nicht. Meistens mag es uns. Und das Hamburger Publikum ist lockerer, als der Hamburger es von sich selbst behaupten würde.

 

 Was zeichnet Hamburgs Theaterszene gegenüber anderen Städten aus? Können sich andere Städte etwas von Hamburg abgucken?
Das lässt sich so einfach gar nicht sagen. Es gibt nicht DAS Hamburger Publikum. Für uns, die wir als freies Ensemble auf verschiedenen Hamburger Bühnen aktiv sind, ist es sehr spannend zu beobachten, wie stadtteilgebunden Du Dein Publikum begeistern kannst. Mit dieser Feststellung ist es großartig zu sehen, welche Publikumsvielfalt es in einer Stadt wie Hamburg gibt. Wenn Du das verstanden hast, dann weißt Du, wie wichtig es ist, solch eine Publikumsvielfalt mit Kunstvielfalt anzusprechen!
Möge es immer viele unterschiedliche Theater, Kunstforen etc. in Hamburg für das Hamburger Publikum geben!

 

 Welche Rolle spielt das Improvisationstheater in Hamburgs Theaterlandschaft?
In Nordamerika (Kanada und USA) hat Improvisationstheater eine lange Tradition. Während der Schullaufbahn kommen dort alle SchülerInnen mit Impro in Kontakt. Ganz anders in Europa. Als wir anfingen, gab es außer uns noch die KollegInnen von Hidden Shakespeare.
Mittlerweile gibt es über zehn Improtheater-Gruppen, die regelmäßig in Hamburg spielen. Improvisationstheater wird immer selbstverständlicher und bekommt eine immer größer werdende Community. Auch an den Schulen wird es immer populärer. So etablieren wir zum Beispiel gerade an einigen Hamburger Schulen Theatersport – eine spannende Form von Improvisationstheater. Nichts desto trotz ist es immer wieder faszinierend, wie viele Menschen Improvisationstheater noch nicht kennen. 

 

 Hat sich das Theaterpublikum in den letzten Jahren verändert? Muss man der Jugend das Theater zum Beispiel heute besonders schmackhaft machen?
Ja, es hat sich geändert: es ist jünger geworden – ach nee, andersrum: ich bin älter geworden...
Wenn ich ehrlich bin, hatten wir schon immer die tolle Voraussetzung, dass alle Generationen bei uns versammelt waren und Spaß daran hatten, Improvisationstheater zu gucken. Ganze Familien besuchen unsere Abende und fiebern gemeinsam mit uns mit. Ich finde unsere Jugend hervorragend! Wach, pfiffig und ein wunderbares „Theaterbenimm“.

 

 Wie viele Mitarbeiter zählt Dein Theater?
Wir haben zwei Festangestellte in Teilzeit, neun freie SchauspielerInnen und MusikerInnen als Honorarkräfte sowie fünf PartnerInnen als Geschäftsleitung und SpielerInnen in Personalunion.

 

Wer verdient deiner Meinung nach Anerkennung, der immer vergessen wird?
Unser wunderbares Büroteam! Während wir auf den Bühnen ständig Applaus und dadurch Bestätigung bekommen, kommen wir viel zu selten dazu, diese Art der Bestätigung ans Büro weiterzugeben.

 

 Was macht gute (Improvisationstheater-)SchauspielerInnen aus?
Zu dem „normalen“ Handwerk sollten ein gute ImprovisationstheaterschauspielerInnen den Mut haben, Fehler zu machen, die eigenen Ideen jederzeit einer besseren Idee gegenüber zurückzuhalten und trotz all dem Adrenalin auf der Bühne spontan und im Moment seine KollegInnen wahrzunehmen, beziehungsweise ihnen zuzuhören. Als ImprospielerIn darfst Du keine Angst haben, mit dem Publikum jederzeit zu interagieren. Du kannst Dich nicht hinter einer Rolle „verstecken“.

 

 Nimmt man als SchauspielerIn das Publikum während der Aufführung eigentlich wahr? Beeinflusst es deine Performance?
Auf jeden Fall! Wir interagieren ja mit dem Publikum. Somit ist uns von Anfang an bei jeder Aufführung klar, dass es da ist. Noch mehr als bei anderen Theaterstücken, wird beim Improvisationstheater dem Publikum bewusst, dass es ein Teil des heutigen Abends ist – allein schon durch die Vorgaben, die es hineingibt. Trotzdem kommt es natürlich vor, dass man im Spiel ganz und gar die ZuschauerInnen ausblendet und ganz bei seinen SpielpartnerInnen ist.