Gehobene Unterhaltung (nicht nur) für Horn

 

Zwei theaterverrückte Frauen leiten das „das kleine hoftheater“ - Saisonstart mit einer Kriminalkomödie

 

von Heinrich Oehmsen

 

Die Überraschung war groß, als vor ein paar Monaten bei der Pressekonferenz zu den Privattheatertagen bekannt gegeben wurde, dass das kleine hoftheater aus Hamburg-Horn in diesem Jahr eingeladen werden würde. Nur die wenigsten Theaterschaffenden in der Hansestadt waren jemals in dem Theater gewesen, dass 2006 ein Domizil im Gemeindesaal der St.-Martins-Gemeinde gefunden hat.

das kleine Hoftheater
Herbstgold
Foto: Johannes Husen 

Herbstgold, von Folke Braband geschrieben und von Stefan Leonard inszeniert, hieß die Produktion, die nach dem Votum einer durch ganz Deutschland reisenden Expert*innen-Jury für so gut befunden wurde, dass sie als eine von drei Inszenierungen für das Festival in der Kategorie „Komödie“ ausgewählt worden war. „Es war für uns schon etwas ungewöhnlich, in einem Theater zu spielen, das fünf Mal so viel Plätze hat wie unser eigenes Haus“, sagt Petra Behrsing. Die Freude über die Nominierung war jedoch riesengroß.

Zusammen mit ihrer Freundin Claudia Isbarn führt Behrsing die Privatbühne. Und das seit fast 35 Jahren. 1985 entschlossen die beiden theaterbegeisterten Frauen sich, „ihr eigenes Ding“ zu machen, wie Behrsing sagt. Eine erste Spielstätte fanden sie in Wandsbek in der ehemaligen Rudolf-Steiner-Schule. Mit bescheidenen Mitteln erarbeiteten sie eine Produktion pro Spielzeit und ein Weihnachtsmärchen. „Die Resonanz in Wandsbek war sehr groß“, erinnert Behrsing sich. Doch 2006 war dort Schluss für das kleine hoftheater, weil der Bezirk beschlossen hatte, das Gebäude mit dem 300 Zuschauer*innen fassenden Saal abzureißen. Bei der Suche nach einem neuen Spielort fanden Behrsing und Isbarn schließlich den Saal Bei der Martinskirche in Horn, unweit der Horner Rennbahn gelegen.

„Wir haben eine Zeit lang gebraucht, um das Publikum in Horn zu knacken“, erzählt Behrsing, doch inzwischen sei das gelungen. Mehr als 300 Abonnent*innen kommen regelmäßig zu den Aufführungen, der Freundeskreis besteht aus 20 Personen. Sieben bis neun Produktionen stemmen Claudia Isbarn und Petra Behrsing jede Spielzeit. Der Schwerpunkt liegt auf Komödien und Kriminalstücken, jedes Jahr gibt es ein Weihnachtsmärchen und auch Musicals gehören zu den bevorzugten Genres des kleinen hoftheaters. 120 Plätze hat der mit rot gepolsterten Stühlen und Tischen ausgestattete Saal. Die Horner Bühne bietet zwar kein Verzehrtheater, aber ein Bistro sorgt für Getränke und kleine Snacks. Die Atmosphäre ist sehr familiär.

5 Frauen und ein Mord
Foto: Petra Behrsing / das kleine hoftheater

Die Spielzeit im kleinen hoftheater beginnt am 30. August mit Fünf Frauen und ein Mord. „Ich war sofort begeistert, als ich das Stück gelesen habe“, sagt Petra Behrsing. Sie probt mit fünf Schauspielerinnen sowie Claudiu Mark Draghici als Inspector Hollister gerade diese „viktorianische Kriminalkomödie“, die in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts von der englischen Krimiautorin Gladys Heppleworth geschrieben wurde. Darin geht es um einen tödlichen Treppensturz. Mord oder Unfall? lautet die Frage. Die Ermittlungen des Kripobeamten Hollister sind nicht einfach, denn er stößt auf eine Mauer des Schweigens. Zudem versuchen die fünf Frauen, die auf dem abgelegenen Anwesen leben, ihn nach und nach in den Wahnsinn zu treiben. „Es ist eine ideale Mischung aus komödiantischen und mysteriösen Elementen“, beschreibt Petra Behrsing das Stück.

In Herbstgold stand die Theaterleiterin selbst auf der Bühne, aber in der Regel spielt sie nur einmal pro Saison. „Regie zu führen fesselt mich viel mehr, weil ich etwas entstehen lassen kann“, sagt sie. Ihre Aufgabe innerhalb des Theaters ist die künstlerische Leitung. Sie sucht Stücke aus und inszeniert. Claudia Isbarn kümmert sich um das Kaufmännische und steht sehr viel häufiger auf der Bühne des hoftheaters. „Wir leben für dieses Theater. Es ist eine Herzensgeschichte, in der Claudia und ich gleich ticken“, sagt Petra Behrsing. Eine Liaison, die offenbar sehr fruchtbar ist, denn sonst würden diese beiden Theaterverrückten ihre Bühne nicht seit fast 35 Jahren zusammen am Laufen halten.

Seit einigen Jahren schon bekommt das kleine hoftheater auch Unterstützung von der Kulturbehörde, weil es qualitativ hochwertiges Unterhaltungstheater bietet. 28.000 Euro beträgt die jährliche Zuwendung. „Neben der künstlerischen Arbeit ist die größte Herausforderung, genug Zuschauer*innen anzulocken, so dass wir überleben können. Wir bemühen uns auch verstärkt um ein jüngeres Publikum, ohne unsere Stammzuschauer*innen zu vergraulen“, so Petra Behrsing. Für die Spielzeit 2020/21 ist ihr bereits ein großer Coup zusammen mit Stefan Leonard gelungen: Dann läuft im kleinen hoftheater eine Bühnenfassung der TV-Kultserie „Der Tatortreiniger“.

Die Premiere von Fünf Frauen und ein Mord findet am 30. August um 19.30 Uhr statt.