HEINRICH OEHMSEN

Francoise Hüsges über den Umbau im monsun.theater

Wir haben Francoise Hüsges getroffen und mit ihr über den Umbau im monsun.theater und über die neue Produktion Umkämpfte Zone gesprochen.

von Heinrich Oehmsen 

 

Francoise Hüsges © Altona Magazin
 

Früher war hier mal das Fahrradlager des Fundbüros, jetzt klebt an der Hofeinfahrt der Gaußstraße 149 ein Plakat mit der Aufschrift „monsun.theater“ und einem Pfeil, der in Richtung Haus 2 zeigt. Hier laufen zurzeit die Proben für das Stück Umkämpfte Zone, das am 17. Februar Premiere feiern wird. Parallel dazu wird der 800 Quadratmeter große Raum in ein Theater verwandelt. Nach Ende der Proben arbeitet Francoise Hüsges gemeinsam mit ihrem Mann jeden Tag bis spät am Abend auf der Baustelle, hängt Vorhänge auf, baut Podien für die Zuschauer*innen und gestaltet das Foyer. „Ich bin sehr froh, dass ich diesen Raum mieten konnte“, sagt die Monsun-Intendantin. Nachdem im November 2020 klar war, dass eine baldige Rückkehr in das eigentliche Theater an der Friedensallee nicht möglich sein würde, hatte Hüsges sich intensiv um einen neuen festen Ort gekümmert. „Entweder ich finde eine neue Spielstätte oder ich mache Schluss mit dem monsun. Dieses Nomadenleben mit permanenten Umzügen wäre nicht mehr gegangen“, sagt sie.

In diese Situation ist die Theatermacherin erst gekommen, nachdem sich der Umbau in der Friedensallee immer weiter verzögert hatte. Ursprünglich sollte der Saal des 1980 in Ottensen gegründeten Off-Theaters saniert und barrierefrei gestaltet werden, doch es kam zu einer Vielzahl von Problemen. Das Dach muss zum Teil erneuert werden, der Einbau eines Fahrstuhls erwies sich als kompliziert, viele Auflagen der Stadt konnten nicht ohne weiteres erfüllt werden. „Es müssen viele Schleifen gemacht werden, bis alles in trockenen Tüchern ist“, so Hüsges. Inzwischen hat sie einen Sachverständigen an ihrer Seite, der gleichzeitig ihr Bauherrenvertreter ist und sich um all die Regeln, Verhandlungen und Absprachen kümmert, die nötig sind, um die Sanierung in Gang zu bringen. „Wann wir wieder in die Friedensallee zurückkehren, kann ich jedoch nicht sagen“, so Hüsges. „In der Gaußstraße können wir maximal drei Jahre bleiben, dann wird der Raum für eine andere Nutzung benötigt.“

Umkämpfte Zone © G2 Baraniak 

Hüsges ist froh, dass sie ihre künstlerische Arbeit fortsetzen kann. Für Umkämpfte Zone hat sie das Bühnenbild gebaut, mit dem Regie-Team Kathrin Mayr und Clemens Mädge hat sie in der Vergangenheit schon wiederholt zusammengearbeitet. Mayr war auch die Regisseurin von Der Hals der Giraffe, mit dem das monsun.theater im vergangenen Dezember im Westwerk gastiert hat. Umkämpfte Zone basiert auf einem Roman von Ines Geipel mit dem Untertitel Mein Bruder, der Osten und der Hass. Es ist eine finstere Familiengeschichte, die das System der DDR und die Verhältnisse in den neuen Bundesländern vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis in die aktuelle Gegenwart beleuchtet. „Es geht auch darum, wie sich rechtes Gedankengut immer wieder neu formieren kann, wie man das bei der AfD und den Pegida-Aufzügen sieht“, sagt Hüsges über das Stück, dessen Textfassung Clemens Mädge geschrieben hat. Gespielt wird es von drei erfahrenen und erstklassigen Schauspielerinnen: Julia Weden, gerade im Hals der Giraffe zu erleben, Julia Nachtmann und Vanessa Czapla sind die Darstellerinnen in Umkämpfte Zone.

Zu sehen ist die Roman-Adaption nicht nur im Ausweichquartier hinter dem Vivo-Center, sondern auch Online über Zoom. Schon vor der Corona-Pandemie, als viele Theater sich gezwungen sahen, ihre Arbeiten als Stream zu präsentieren, hat Francoise Hüsges sich mit den digitalen Möglichkeiten des Theaters beschäftigt. „Ich habe schon 2018 einen Vortrag über digitale Theaterarbeit gehalten und hatte deshalb einen Vorsprung im Umgang mit dem Medium“, erzählt sie. „Wir werden bei Umkämpfte Zone mit sechs Kameras filmen. Der Abend wird digital dramaturgisch so aufgearbeitet, dass es nicht nur ein Mitschnitt ist, sondern für das digitale Publikum erzählt wird. Mir ist auch immer wichtig, dass digitales und analoges Publikum sich gegenseitig sehen können“, beschreibt sie die Arbeitsweise. „Unsere Reichweite ist enorm. Wir haben sogar schon Zuschauer aus Neuseeland gehabt, die sich eingeschaltet haben!“

Baustelle monsun.theater © monsun.theater

Bis zur Premiere liegt noch eine Menge Arbeit vor Francoise Hüsges und ihrem kleinen Team. Doch die in Berlin ausgebildete Regisseurin nimmt die Herausforderungen an. „Ich bin eine Theatermacherin und muss in Bewegung bleiben“, sagt sie. Ein Jahresprogramm für 2022 hat sie zusammengestellt - trotz aller Unwägbarkeiten. „Zurzeit sind wir sehr auf Projektförderungen angewiesen. Meine institutionellen Zuschüsse betragen nur ein Drittel unserer Kosten. Der Rest muss über Ticketverkäufe oder Drittmittel hereinkommen. Das ist in der derzeitigen Situation, auch wegen Corona, nicht zu schaffen.“ Doch Hüsges ist zufrieden mit der Unterstützung durch die Kulturbehörde und des neuen Privattheater-Referenten René Born, der ihr sehr bei der Suche nach einem Raum geholfen hat. 80 bis 100 Zuschauer fasst ihr neuer Saal, das entspricht etwa der Kapazität des monsun.theaters an der Friedensallee.

Wenn Umkämpfte Zone läuft, wird sicher auch die Jury des Theaterpreis Hamburg – Rolf Mares ein waches Auge auf diese Produktion legen. Bereits sieben Mal wurden Produktionen des monsun.theaters mit dem Hamburger Theaterpreis ausgezeichnet, zuletzt Mayr und Mädge 2020 für ihre Erich-Kästner-Bearbeitung von Fabian oder Der Gang vor die Hunde.

Umkämpfte Zone läuft am 17., 18., 19., 22. und 23. März sowie 23. und 24. April, jeweils um 20 Uhr im monsun.theater, Gaußstraße 149/Haus 2.
Karten: 13 bis 25 Euro (digital 8 bis 18 Euro)
www.monsun.theater

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