HEINRICH OEHMSEN

Jacques Palminger über Coolhaze am Deutschen SchauSpielHaus

Endlich konnte Coolhaze des Hamburger Performance-Künstlerkollektivs Studio Braun, bestehend aus Jacques Palminger, Heinz Strunk und Rocko Schamoni, Anfang Dezember Premiere am Deutschen SchauSpielHaus feiern. Jacques Palminger hat mit uns über das Stück gesprochen.

von Heinrich Oehmsen 

 

Jacques Palminger © Simones Cardovelli

Charles Bronson + Michael Kohlhaas = Coolhaze. Auf dieser einfachen Formel basiert die aktuelle Produktion von Studio Braun, die gerade am Deutschen SchauSpielHaus eine begeisternde Premiere gefeiert hat. Jacques Palminger wollte gern ein Theaterstück über Charles Bronson machen, Rocko Schamoni über Kleists Kohlhaas und Heinz Strunk kam daraufhin mit dem Vorschlag um die Ecke: Verbinden wir doch beides miteinander. Die jüngste Idee des kreativen Trios war in der Welt und Schauspielhaus-Intendantin Karin Beier durfte sich über eine neue Arbeit des erfolgreichen Trash-Teams freuen. In der Vergangenheit hat Studio Braun bereits einige Stücke auf die große Bühne an der Kirchenallee gehievt wie Rust – Ein deutscher Messias, Dorfpunks nach dem Roman von Schamoni, und zuletzt 2017 Der Goldene Handschuh nach Strunks Roman über den Killer Fritz Honka. Coolhaze war ursprünglich für den März 2020 geplant, doch das Team kam nur bis zur Generalprobe. Dann tauchte das Virus auf und bescherte allen eine lange, lange Pause.

"Vor der Premiere hatten wir nur eine Woche Zeit zum Proben", erzählt Jacques Palminger. "Der Druck war immens groß, auch technisch alles hinzubekommen. Immerhin sind 60 Leute an der Produktion beteiligt. Als dann unser Orchesterleiter und eine Geigerin sich mit Corona infizierten, und die Infektionszahlen überall in die Höhe schnellten, dachte ich schon: Wir schaffen es wieder nur bis zur Generalprobe. Als ich dann am Premierenabend im Kostüm hinterm Vorhang stand und es gleich losgehen sollte, da war ich in der Sekunde sehr glücklich und sehr dankbar", beschreibt Palminger seine Gefühle. Das Regieteam Palminger, Schamoni, Strunk hatte sich vor Beginn der Proben schon häufig getroffen, um den Text zu überarbeiten und die Proben genau vorzubereiten. Auf eine mögliche Corona-Aktualisierung verzichtete Studio Braun jedoch in ihrem Stück über den "Superstar aller Querulanten", wie Palminger Kohlhaas bezeichnet.

Studio Braun verlegt die Szenerie ins New York der 80er-Jahre. Aus dem Pferdehändler Kohlhaas wird der Motorradhändler Coolhaze. Er wird zum Opfer von korrupten Stadtbeamten und Polizisten, die ihm seine Motorräder stehlen und in dem eskalierenden Drama seine Frau töten. Coolhaze sieht genauso Rot wie Bronson in Michael Winners Thriller und nimmt fürchterliche Rache. Die Geschichte erzählt Studio Braun auf zwei Ebenen: Die eine ist die eines Spielfilms, den der herrische Regisseur Florian von Richthofen über Coolhaze dreht, die andere spielt am Set und zeigt von Richthofen als klassischen Despoten, wie man ihn auch am Theater zuweilen noch erleben kann. Die Coolhaze-Ebene entspricht dem "Einer gegen alle", die Set-Ebene dagegen "alle gegen einen". "Es ist ein bisschen wie im Märchen", sagt Palminger, "dem Bösen wird am Ende ordentlich was auf den Deckel gegeben". Samuel Weiss spielt diesen Regisseur als wütenden Despoten, der seine Schauspieler*innen mit den übelsten österreichischen Schimpfwörtern übergießt - was im Publikum für viele Lacher sorgt. "Die Österreicher haben die besseren Schimpfwörter. Da wird bis heute unfassbar kreativ geflucht. Wer sich in Wien mal mit einem Taxifahrer angelegt hat, wird das bestätigen", so Palminger. 

Coolhaze © Marcel Urlaub 

Von Beginn an war Charly Hübner in den kreativen Prozess eingebunden. Er war die Traumbesetzung für die Rolle des Coolhaze. "Wir haben ihn gefragt, und als er zusagte, hatten wir schon Stimme und Gesicht unserer Hauptfigur", erzählt Palminger. Doch nicht nur über Hübner ist er sehr glücklich, sondern über die gesamte Schauspieler*innen-Crew und das 14-köpfige Jazz-Orchester unter der Leitung von Sebastian Hoffmann. Besonders angetan war Palminger von der jungen Josefine Israel, die Coolhazes Tochter Dotty spielt und zum ersten Mal mit Studio Braun arbeitet. "Sie geht mit größter Entspannung in die Rolle rein und liefert eine Top-Performance ab. Sie hat diesen lässigen Volksbühnen-Style", sagt Palminger über die Schauspielerin. 

Palminger selbst muss sich in das Kostüm einer Raupe zwängen, die über die Zerstörung des Ökosystems philosophiert, aber vom Regisseur von Richthofen auch nicht besonders gelitten ist. Dreimal schreit er sie zusammen, aus Angst versucht die Raupe sich zu verstecken, um zum Ende des Stücks noch einmal einen großen Auftritt hinzulegen. Sie verwandelt sich in einen Schmetterling, der angstfrei in den Himmel schwebt.

Coolhaze ist ein rasant komischer Theaterabend mit herausragenden Schauspieler*innen, einem Bühnenbild aus verschiebbaren Häuserfassaden (Stéphane Laimé) und einer Band, deren Musik an Blaxploitation-Filme erinnert. Es scheint wie gemacht für den Silvester-Spielplan und läuft dann um 16 und um 20 Uhr. Übrigens ganz im Sinne von Jacques Palminger: "Weihnachten, Silvester und Ostern interessieren mich eigentlich nicht so. Dann auf der Bühne zu stehen, ist mir ganz recht. Das könnte ein großer Spaß werden!"

 

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